29. December 2011 von Dr. Herbert Walter | Allgemein
Die häufigsten Fehler der Anleger
Von Herbert Walter
Die aktuelle Krise an den Finanzmärkten hat viele Anleger arg gebeutelt. Doch oft sind es auch die Investoren selbst, die Fehler machen. Und dabei lassen sich klare Muster erkennen. WhoFinance, Deutschlands größtes Internetportal für die Bewertung von Finanzberatern, hat die Erfahrungen von Beratern ausgewertet und nennt die häufigsten Fehler der Anleger.
Wer kein Ziel hat, kann auch nicht ankommen
Mehr als 50 Prozent der Deutschen beschäftigt sich nach eigenen Aussagen viel zu wenig mit einer langfristigen Planung der Geldanlage oder tun es nur, wenn es unbedingt sein müsse. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Bundesverbands Investment und Asset Management. Basis jedes Investments sollte jedoch sein, welche Ziele die Verbraucher mit ihrer Geldanlage anpeilen. Es macht natürlich einen Unterschied, ob das Geld die Altersversorgung in 30 Jahren sicher stellen soll, oder in fünf Jahren ein Hauskauf geplant ist. Wer sich über seine Ziele nicht im Klaren ist, kann nicht erwarten, dass ein Berater die richtige Strategie findet. Vor jeder Geldanlage, aber auch vor jeder Finanzberatung sollte sich der Anleger Gedanken machen, was er anstrebt.
Gier frisst Hirn
Wer erinnert sich noch an den Neuen Markt? Dem steilen Aufstieg Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts folgte der jähe Absturz. Unbekannte Firmen mit obskuren Geschäftsmodellen waren nach dem Börsengang hunderte Millionen Euro wert. Anleger zahlten Phantasiepreise, die Aktienkurse stiegen, die Blase bildete sich, bis sie platzte. Doch die vergangenen drei Jahre seit der Lehman-Pleite zeigen: Viele Anleger haben aus diesen Erfahrungen nichts gelernt, wie das Platzen der Immobilienblase in den USA und der Staatsschuldenblase in Europa gezeigt hat. Ein Anleger-Motto muss also sein: Bei keiner Anlageentscheidung das Risiko ausblenden. Jede Entscheidung muss zum Risikoprofil passen, das dem Ziel entspricht, welches zuvor definiert wurde. Wer „Spielgeld“ anlegt, kann ein höheres Risiko eingehen, als ein Anleger, der etwas für die Ausbildung seiner Kinder auf die hohe Kante legen will.
Nicht alles auf eine Karte setzen
Wer nicht streut, rutscht aus. Was im Winter gilt, kann auch schnell für Anleger gelten. Fast jeder zweite Haushalt in Deutschland hat lediglich zwei bis drei Anlageprodukte im Portfolio, 20 Prozent sogar nur eines. So eine Studie der Deutschen Bundesbank. Eine breite Streuung über unterschiedliche Anlageklassen und Anlageregionen ist heute jedoch ein Muss. Nur so kann ein ausgewogenes Risikoprofil erreicht werden.
Der menschliche Faktor
Die aktuelle Krise zeigt aber auch: Der Mensch belügt sich leider gern selbst. Fehlentscheidungen werden nur ungern wahrgenommen, geschweige denn korrigiert. Bei Anlegern kann das gravierende Folgen haben: Ist
eine Anlage als Niete erkannt, wird sie nicht verkauft, sondern bleibt im Depot. Der Investor wird so zum Sammler, sein Depot ist nach einigen Jahren ein Sammelsurium unterschiedlicher Anlagen. Ein Plan ist dabei meist nicht mehr zu erkennen, die vielleicht vorhandenen Ziele geraten aus dem Blick. Viele Anleger haben beispielsweise viel zu lange auf Staatsanleihen gesetzt, selbst als erste Staaten in die Bredouille kamen. Die Bundesbank hat einen weiteren Effekt festgestellt. Anleger verkaufen zu schnell erfolgreiche Wertpapiere. Ist der Kurs kurz nach dem Kauf gestiegen, werden die Papiere abgestoßen. Meist weit unter dem später erzielten Höchststand. Ein Grund dafür ist die Fixierung vieler Investoren auf den Einstiegspreis. Entfernt sich eine Aktie von diesem, positiv wie negativ, wird verkauft. Dabei sollte die Erwartung über die zukünftige Entwicklung eines Wertpapiers entscheidend sein.
Dr. Herbert Walter, 60, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank und war Mitglied im Allianzvorstand. Vorher arbeitete er 20 Jahre für die Deutsche Bank, zuletzt war er dort weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute ist Walter als selbständiger Berater und Aufsichtsrat tätig. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanz- & Beraterportal WhoFinance.de.