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Dec 27

27. December 2013 von Dr. Herbert Walter | Geldanlage

Kommentar: Nur Mut!

Foto Dr. Herbert Walter

Von DR. HERBERT WALTER

 

Weniger als 10 Prozent der Deutschen haben Geld in Aktien oder Aktienfonds investiert. Zum Vergleich: In der Schweiz und den USA sind es rund 25 Prozent , in Großbritannien mehr als 30 Prozent und in Schweden sogar knapp 40 Prozent.

 

Das zeigt: Die Deutschen haben ein psychologisches Problem mit Aktien. Sie setzen lieber auf Zinsanlagen und Lebensversicherungen, die allesamt im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld nur mickrige Renditen abwerfen.

 

In dieser Anlagestrategie zeigt sich ein seltsames Verhältnis der Deutschen zu ihrer eigenen Volkswirtschaft. Wir sind traditionell stolz auf weltweit bekannte und qualitativ hochwertige Markenprodukte „Made in Germany“ wie BMW, Daimler, Volkswagen oder auch Siemens, BASF und Allianz. Millionen Menschen arbeiten für diese großen Namen und für deren Zuliefererbetriebe.

 

Wenn es aber darum geht, abseits des monatlichen Lohnzettels von ihrer Wertentwicklung zu profitieren, ziehen wir verängstigt den Kopf ein. Die Konsequenz: Asiatische oder amerikanische Investoren freuen sich, dass ihr Aktienanteil an den großen Dax- und MDax-Konzernen seit Jahren stetig steigt, während die Deutschen ihre eigenen Unternehmen offensichtlich meiden.

 

Ein Blick auf die Renditen, die Anleger mit den im Dax gelisteten Aktien über die vergangenen 30 Jahre eingefahren haben, zeigt, welche Chancen wir in Deutschland damit liegen lassen.

 

Wer Ende 1973, also vor 40 Jahren, in die Werte des wichtigsten deutschen Aktienindex investiert hat, hat bis heute im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 8,7 Prozent eingefahren. Auf Sicht von 30 Jahren liegt die Rendite bei 8,3 Prozent, von 20 Jahren bei 6,5 Prozent und von 10 Jahren bei 7,2 Prozent – trotz der schweren Finanzkrise von 2008.

 

Die Frage ist: Welche Konsequenzen sollten wir in Deutschland aus diesem Befund ziehen?

 

Gefragt sind hier drei Personenkreise: Die Bürger selbst, die Politiker und die Manager in der Finanzwirtschaft bzw. die Finanzberater. Ihnen allen kann man zurufen: „Nur Mut!“

 

Die Bürger selbst sind in der Pflicht, sich mit dem Thema Vermögensaufbau und Alterssicherung intensiver zu beschäftigen. Die Deutschen müssen erkennen, dass viele von ihnen mit ihrem bisherigen Anlageverhalten die Lücke in der Altersvorsorge nicht werden schließen können.

 

Die Grundvoraussetzung, nämlich monatlich etwas zurückzulegen, erfüllen sie ja bereits. Die Sparquote liegt hierzulande bei rund 10 Prozent. Nun müssen sie endlich den zweiten Schritt gehen und aus ihren Ersparnissen ein paar Prozent mehr Rendite herausholen.

 

Die Politik muss die Menschen über eine Änderung der politischen Kommunikation zu einem Vermögensaufbau über rentierlichere Anlagen ermutigen. Eine Verteufelung von Börsen, Kapital und Banken, wie sie in der Politik an der Tagesordnung sind, läuft diesem Ansinnen diametral entgegen. Was wir brauchen, ist ein gesellschaftliches Klima, in dem Geldanlage, Kapitalaufbau und Börse positiv besetzt sind.

 

Der neue Koalitionsvertrag gibt allerdings wenig Anlass zur Hoffnung. Auf 185 Seiten hat die neue Bundesregierung dem extrem niedrigen Zinsniveau eineinhalb Zeilen gewidmet. Man will für den Umgang mit den Folgen Lösungsvorschläge erarbeiten. Man darf gespannt sein, was sich die CDU/CSU und SPD hier einfallen lassen.

 

Nicht zuletzt sind aber auch Banken, Versicherungen und alle Finanzberater gefordert. Sie müssen über verständliche Produkte und eine vertrauenswürdige Beratung ihre Kunden davon überzeugen, dass sich eine vernünftige Vermögensaufteilung und ein höherer Aktienanteil langfristig auszahlen – und zwar in barem Geld.

 

Nun mag vielen der Einstieg in den Aktienmarkt nach der Rallye der vergangenen 18 Monate erst recht zu riskant erscheinen. Aber es geht ja nicht darum, sein ganzes Geld auf einmal an der Börse zu investieren.

 

Eine Möglichkeit wäre es zum Beispiel, in den kommenden Jahren nach und nach einen kleinen Bestand an Aktien aufzubauen. Dafür eignen sich zum Beispiel Sparpläne für Aktienfonds oder ETFs. Eine Alternative ist es, Rückschläge an den Börsen zu nutzen, um sukzessive in den Markt einzusteigen.

 

Entscheidend ist, dass man den ersten Schritt macht. Dann fallen einem die nächsten Schritte umso leichter.

 

 

Dr. Herbert Walter, 60, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank und war Mitglied im Allianzvorstand. Vorher arbeitete er 20 Jahre für die Deutsche Bank, zuletzt war er dort weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute ist Walter als selbständiger Berater und Aufsichtsrat tätig. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanz- & Beraterportal WhoFinance.de.

 

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