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Mit gutem Gewissen gute Gewinne erwirtschaften – das war wohl das Ziel vieler Anleger, die in Genussscheine von Prokon investiert haben. Mit dem Versprechen von 6 bis 8 Prozent Rendite jährlich hatte der Öko-Energie-Anbieter gelockt.

 

Keine schlechten Aussichten angesichts von Mager-Zinsen auf Sparkonten, Tagesgeldkonten oder Festgeldkonten. Das dachten zumindest die 75.000 Menschen, die dem Unternehmen insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hatten.

 

Und in der Tat: Einige Jahre konnte die in Itzehoe (Schleswig-Holstein) ansässige Firma mit knapp 1000 Mitarbeitern auch liefern. Doch nun drohen die Zahlungsunfähigkeit und empfindliche Verluste für Anleger.

 

WhoFinance beantwortet die wichtigsten Fragen zum Fall Prokon – und erklärt, was Anleger daraus lernen können:

 

Was macht Prokon?

 

Prokon hat sich auf die Entwicklung und den Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien spezialisiert. Wichtigstes Geschäftsfeld ist die Stromerzeugung durch Windenergie. Das Unternehmen ist aber auch in den Bereichen Biomasse und Biokraftstoff aktiv.

 

Seit einigen Jahren bietet Prokon Anlegern die Möglichkeit, sich über Genussrechte an der Firma zu beteiligen.

 

Was sind Genussrechte?

 

Genussrechte werden in Form von Genussscheinen ausgegeben. Diese Wertpapiere sind am ehesten mit einer Mischung aus Anleihen und Aktien zu vergleichen.

 

Wenn Sie einen Genussschein erwerben, leihen Sie einem Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum Geld und erhalten dafür Zinsen. Am Ende bekommen Sie Ihr Kapital zum Nennwert zurück. Sie können Genussscheine jeden Tag an der Börse verkaufen.

 

Aber: Im Gegensatz zu Anleihen hängt die Höhe der jährlichen Zinszahlung vom jeweiligen Gewinn des Unternehmens ab – ähnlich der Dividende bei einer Aktie.

 

Und: Genussscheine werden in der Regel höher verzinst als normale Anleihen. Dafür ist das Risiko für Sie als Anleger größer. Im Insolvenzfall werden die Inhaber von Genussscheinen als letzte bedacht, wenn es darum geht, vorhandene Vermögenswerte unter den Gläubigern aufzuteilen.

 

Warum haben so viele Menschen in Genussscheine von Prokon investiert?

 

Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Politik mit der Förderung der erneuerbaren Energien den Eindruck erweckt, Geldanlagen in diesem Segment seien besonders zukunftsträchtig und damit sicherer als andere Investments.

 

Öko-Strom wird zum Beispiel bevorzugt, wenn er ins Stromnetz eingespeist wird, die Vergütung noch dazu vom Staat gesichert. Solche Förderungen durch die Bundesregierung schaffen ein Klima, in dem Geldanlagen in erneuerbaren Energien vielen Leuten besonders attraktiv erscheinen.

 

Lohnen sich Geldanlagen mit steuerlicher Förderung überhaupt? Muss ich hier besonders aufpassen?

 

Bei bestimmten Anlageformen wie zum Beispiel der Riester-Rente oder der Rürup-Rente wirken sich steuerliche Förderungen durchaus positiv für viele Anleger aus. Hier unterstützt der Staat direkt bestimmte Altersvorsorge-Möglichkeiten, die dadurch allerdings noch lange keine „Selbstläufer“ sind.

 

Besonders genau hinschauen sollte man aber bei Investments in Branchen, die der Staat mit Steueranreizen zu stärkerem Wachstum „pushen“ möchte. Da sollte der Anleger einfach im Hinterkopf behalten: Es wird schon einen Grund haben, warum der Markt nicht genügend Kapital zur Verfügung stellt und der Staat glaubt, hier nachhelfen zu müssen.

 

Warnende Beispiele aus der Vergangenheit sind so manche Medienfonds oder Immobilienfonds. Auch hier wurden Anleger in einigen Fällen mit steuerlichen Förderungen gelockt und mussten am Ende Verluste hinnehmen. Gerade bei Geldanlagen, die als „steuerlich besonders attraktiv“ angepriesen werden, ist deshalb doppelte Vorsicht angesagt.

 

Es ist deshalb besonders wichtig, sich vor einer Anlageentscheidung Hilfe von einem guten Berater zu holen. Das gilt ganz besonders bei Investments in alternative Anlageklassen und kleinere bzw. mittelständische Firmen, die geringeren gesetzlichen Dokumentationspflichten unterliegen als große Konzerne.

 

Was ist bei Prokon schief gelaufen?

 

Verbraucherschützer hatten schon früh kritisiert, Prokon würde den Anlegern vorgaukeln, ihre Genussscheine seien fast so sicher wie das gute alte Sparbuch. 2011 und 2012 wurde dem Unternehmen dann in zwei Gerichtsurteilen untersagt, mit irreführenden Angaben in Verkaufsprospekten zu werben. Die Aufklärung über Risiken sei unzureichend.

 

Der Hauptvorwurf: Die Anleger hätten de facto keinen Überblick, in welche Projekte genau Prokon ihr Geld investiere.

 

Mittlerweile ist klar: Viele dieser Projekte erwirtschaften keine ausreichende Eigenkapitalrendite, um den Anlegern die avisierte jährliche Rendite von acht Prozent auszubezahlen. Es gibt sogar den Verdacht, dass Prokon das Geld von neuen Genussscheine-Inhabern lediglich dazu benützt, um bisherigen Inhabern von Genussscheinen Zinsen auszuschütten.

 

Warum ist die Lage bei Prokon jetzt so eskaliert?

 

Weil immer mehr Anleger ihre Genussscheinen verkauft haben. Dadurch kam das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten.

 

Der Höhepunkt war ein Brief der Firma vor einer Woche, in dem die Anleger dazu aufgefordert worden waren, ihre Genussrechte in den kommenden neun Monaten nicht zu verkaufen sowie auf Zinszahlungen zu verzichten.

 

Wer dennoch über eine Kündigung nachdenkt, wird in dem Schreiben mit folgenden Worten ermahnt: „Mir ist bewusst, dass ich mit der Entscheidung fu¨r eine Planinsolvenz entscheidend zur Vernichtung eines zukunftsfähigen und nicht systemkonformen Unternehmens mit u¨ber 1.300 Arbeitsplätzen beitrage.“

 

Wie geht es mit Prokon jetzt weiter?

 

Die Prokon-Anleger können noch hoffen, dass sich das Unternehmen wieder berappelt. Aber auch eine mögliche Insolvenz muss nicht automatisch den Totalverlust des in Genussscheine investierten Geldes zur Folge haben. Ein guter Insolvenzverwalter kann möglicherweise ein Zukunftskonzept für Prokon entwickeln, eventuell mit der Hilfe von Banken.

 

Was sollten Prokon-Anleger jetzt tun?

 

Prokon hatte die Anleger aufgefordert, sich bis zum 20. Januar zu entscheiden, ob sie ihre Genussscheine behalten. Laut Prokon müssen 95 Prozent des Genusskapitals erhalten bleiben. Bisher ist unklar, ob diese Quote erreicht wird.

 

Ziehen zu viele Anleger ihr Geld ab, droht die Insolvenz und damit die Gefahr, dass die Inhaber der Genussrechte ihr Geld nie wieder sehen – egal, ob man nun vorher gekündigt hatte oder nicht. Denn die Inhaber von Genussscheinen erhalten ihr Kapital in diesem Fall nach allen anderen Gläubigern zurück. Im Zweifel ist dann kein Geld mehr da.

 

Setzen Sie sich deshalb mit einem erfahrenen Finanzberater zusammen. Er kann Ihnen dabei helfen, sich durch das Vertragsdickicht des Verkaufsprospekts zu kämpfen, damit Sie Ihre Rechte wahrnehmen können.

 

Im Zweifel hilft er auch dabei, unter den vielen Anwaltskanzleien, die derzeit in Sachen Prokon Kunden ansprechen, den richtigen Anbieter zu finden, der Ihre Interessen wahrnimmt.

 

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