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Dr. Herbert Walter spricht über das Thema Nachhaltigkeit bei der Geldanlage und die Auswirkungen der aktuellen Krise auf den Megatrend ESG-Investments. Sehen Sie sich hier das gesamte Webinar an:

 

 

WhoFinance-Geschäftsführer Mustafa Behan eröffnet das ESG-Webinar zum „Nachhaltigen Anlegen“. In seiner Hinführung auf das Thema stellt er die Frage, ob der Ukraine-Krieg und daraus resultierende Krisen sich auch auf ESG-Investments ausgewirkt hätten. Im Webinar werde auch die Frage behandelt, ob das Thema Nachhaltigkeit weiter ein Megatrend bleibt und nachhaltiges Anlegen unverändert mit Rückenwind rechnen kann.

Finden Sie im Folgenden das Transkript des ersten Teils der WhoFinance ESG-Webinar-Reihe mit Herbert Walter.

 

Ist ESG trotz der vergangenen Krisendämpfer ein Thema mit Zukunftspotenzial?

Mein Name ist Herbert Walter. Ganz besonders am Herzen liegen mir Themen zu den persönlichen Finanzen von Menschen, die noch etwas vorhaben. Eine Herzensangelegenheit ist mir auch alles, was mit ESG bzw. Nachhaltigkeit zu tun hat.

Heute bin ich dankbar, ein paar Beobachtungen und Kommentare zu Entwicklungen machen zu können, die mit dem Megatrend der Nachhaltigkeit zu tun haben. Konkret geht es um diese beiden Fragen, die miteinander zusammenhängen:

  • Wie verhalten sich die ESG-Anleger in der Krise der letzten Monate?
  • Bleibt Nachhaltigkeit ein Zukunftsthema oder verändert sich da gerade etwas?

Der Ukraine-Krieg mit dem schrecklichen Leid und den damit verbundenen Risiken für das Miteinander in Europa hat sich in unseren Köpfen eingenistet. Wir sind mit einer Inflation konfrontiert, wie wir sie hierzulande seit Jahrzehnten nicht gesehen haben. Bei der Versorgung mit Energie sind viele von uns nicht sicher, wie wir über den nächsten Winter kommen.

Die diversen Krisen haben mittlerweile auch das Thema Nachhaltigkeit erreicht. Dabei profitieren nicht nur die „sauberen“ Energieunternehmen von Knappheiten auf den Märkten, sondern auch die „braunen“, d.h. schmutzigeren Anbieter.

Nicht zuletzt infolge steigender Ölpreise bzw. Margen ist es mittlerweile sogar zu Verschiebungen im Ranking der größten Unternehmen der Welt gekommen. Der saudische Ölkonzern Saudi Aramco verdrängte im ersten Halbjahr Apple auf Platz 2, wie ein Bericht des Prüfungs- und Beratungs-Dienstleisters EY zeigt. Die neue Nummer 1 der größten Unternehmen der Welt weist ein bescheidenes ESG Risiko Rating auf.

 

Die aktuelle Krise dämpft die Kauflust der ESG-Investoren

Die Nettozuflüsse in ESG-Publikumsfonds waren in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 mit 3 Mrd. Euro nur mehr leicht positiv. Sie lagen damit um mehr als 90 Prozent unter dem Zufluss von rund 40 Mrd. aus dem zweiten Halbjahr 2021.

Das Volumen deutscher ESG-Publikumsfonds ist in diesem Zeitraum gestiegen (+ 16 Prozent auf 575 Mrd. Euro). Treibende Kraft waren aber nicht neue, sondern bestehende nachhaltige Fonds, die umgewidmet wurden.

ESG-Publikumsfonds: Volumina und Zuflüsse in 2022

Die gravierenden Krisen in diesem Jahr haben die Kaufmotive der Anleger beeinflusst. Es bleibt abzuwarten, ob die Anlegerpräferenzen sich nur vorübergehend geändert haben oder ob es sich um erste Anzeichen einer tieferliegenden Verschiebung der Anlegerprioritäten handelt. ESG-Investoren mussten im bisherigen Jahresverlauf eines zur Kenntnis nehmen: Auch sie können nicht über Wasser gehen.

 

Nachhaltige Ziele der UN weiter im Fokus der Anleger

Im nächsten Schritt wollen wir uns mit den Zielen und Motiven von ESG-Anlegern etwas näher beschäftigen. Dies tun wir am Beispiel jener ESG-Investoren, die sich gerne an den nachhaltigen UN-Zielen orientieren.

Wie Anleger auf die 17 nachhaltigen UN-Ziele „einzahlen“

Hierzu möchte ich Ihnen vorab ein paar einführende Erläuterungen geben: Im Jahr 2015 hat sich die Weltgemeinschaft unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN) auf 17 globale „Sustainable Development Goals“ (SDGs) verpflichtet. Auf dem Chart oben finden Sie zu jedem dieser UN-Ziele eine Box. Zwei Beispiele: Ziel 1 ist „Keine Armut“, Ziel 13 betrifft Maßnahmen zum Klimaschutz.

Die einzelnen SDGs sind durch die Agenda 2030 verknüpft – mit diesen zwei Stoßrichtungen: Einmal möglichst vielen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und zweitens die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren.

Im Charttext oben finden Sie auch ein Beispiel für einen globalen Aktienfonds, der mit seinen Investitionen einen positiven Beitrag zur Erreichung eines oder mehrerer SDGs leisten will. Es ist der Lloyd Fonds – Green Dividend World. Aus den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen bzw. den 169 Unterzielen filtert das Fondsmanagement jene heraus, für die sich geeignete Unternehmen finden lassen.

Die Berenberg Bank befragt Anleger immer wieder, welche UN-Ziele ihnen besonders wichtig sind und wie leicht oder schwer es ist, auch Anlageobjekte zu identifizieren. In der Folge werden wir uns die Ergebnisse der letzten Befragung ansehen.

 

Klimaziel weiter vorne – geopolitische Sicherheit rückt nach

Zwei zentrale Ergebnisse der Berenberg-Studie überraschen nicht. Erstens die Erkenntnis, dass Krisen die ESG-Präferenzen der Anleger beeinflussen. Zum Zweiten: Nach wie vor sagen 18 Prozent der Investoren, dass für sie die Klimaziele am wichtigsten sind – und sie das Klimathema auch für gut investierbar halten. Das Feedback lässt hoffen, dass eine größere Anzahl von Anlegern auch kurzfristig bereit ist, sich für nachhaltige Klima-Investments zu entscheiden.

Dazu sollte beitragen, dass die Klimathemen in der EU-Taxonomie bereits vermessen sind. Beim Klimaschutz geht es ganz besonders darum, die Emissionen zu senken und damit an der Ursache des Problems anzusetzen. Großer Handlungsbedarf besteht aber auch bei der Klimaanpassung. Hiermit soll vor allem sichergestellt werden, dass die Menschheit auch mit eventuell höheren Temperaturen zurechtkommt.

Was ist bei den Zielen der Befragten ansonsten augenfällig?  Mit 10 Prozent doppelt so hoch als bei der letzten Umfrage bewerten Anleger das Thema „geopolitische Sicherheit“ – konkret das UN-Ziel 6: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen. Allerdings wird die Investierbarkeit für dieses SDG als ähnlich schwierig erachtet wie das Ziel „Kein Hunger“.

Ebenfalls interessant ist: Jeder fünfte befragte Investor hält das Ziel „Bezahlbare und saubere Energie“ für gut investierbar – und jeder zehnte betrachtet es auch für wichtig. Hierzu gehört, bis 2030 in Deutschland doppelt so viel erneuerbare Energie verfügbar zu haben als heute. Das ist ein wichtiger Schritt, um den Industriestandort Deutschland zu erhalten. Nachhaltige Anlagen helfen hier mit, die notwendigen Investitionen zu finanzieren und dieses wichtige Ziel für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu erreichen.

Was Anleger in 2022 für wichtig und investierbar halten

 

Auch in der Krise ist Kunden das ESG-Thema wichtig

Zum Abschluss wollen wir einen Blick in die Welt der Versicherungskunden werfen. Hier möchte jeder Zweite seine nächste Versicherung ESG-konform abschließen, wie die Unternehmensberatung Simon-Kucher in einer umfangreichen Befragung ermittelt hat. Vor einem Jahr waren das noch fast 60 Prozent.

Fast die Hälfte der Kunden ist im Übrigen auch bereit, für ein nachhaltiges Produkt (z.B. eine ESG-Versicherungsanlage) einen höheren Preis zu zahlen als für ein konventionelles Angebot. Bei unter 30jährigen zeigen sich sogar zwei Drittel der Kunden dazu willens.

Wie Versicherungskunden zum ESG-Thema stehen

 

Was ist das Fazit für Finanzberaterinnen und Finanzberater? Das Nachhaltigkeits- oder ESG-Thema bietet Beratern eine gute Chance für eine noch bessere Bindung von Stammkunden oder die Gewinnung von Neukunden (z.B. Jüngeren).

Um sich für diesen neuen Megatrend der nächsten Jahrzehnte erfolgreich zu positionieren, empfiehlt es sich, wenn der Finanzberater seinen Interessenten Nutzwertinhalte zu nachhaltigen Themen anbietet, z.B. auf seiner Homepage.

Überzeugen wird die Beraterin oder der Berater nur, wenn er den Kompetenzcheck des Interessenten besteht. Dazu ist es erforderlich, dass er sich zum Nachhaltigkeitsthema ständig weiterbildet. WhoFinance wird zu diesem „jungen Thema“ ab sofort regelmäßig Inhalte und Anregungen anbieten.

 

DR. HERBERT WALTER 

Dr. Herbert Walter arbeitet seit rund 40 Jahren in der Finanzbranche. Seine Laufbahn begann er 1983 in der Deutschen Bank. Dort war er zuletzt Mitglied des obersten Konzernführungsgremiums und weltweit verantwortlich für den Unternehmensbereich Private & Business Clients. 2003 wurde er Holdingvorstand der Allianz SE und Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank AG. Seit 2009 ist er selbständig tätig und Inhaber von Dr. Herbert Walter & Company, einer unabhängigen Beratungsfirma mit Fokus auf Finanzdienstleister.