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Sep 03

03. September 2015 von WhoFinance | Geldanlage

WhoFinance Aktuell: Geldanlage für Geringverdiener

Die passende Geldanlage finden – das ist für Verbraucher mit niedrigen Einkommen besonders schwierig. Manch einer hat sogar das Gefühl, finanziell überhaupt keinen Freiraum zu haben, um regelmäßig Geld auf die hohe Kante zu legen. Aber: Ein guter Berater kann auch hier helfen. Im Interview mit WhoFinance erklärt Claudia Heyne, Finanzberaterin der LE-Finanz GmbH aus Leipzig, welche Möglichkeiten Geringverdiener bei der Geldanlage haben und worauf sie besonders achten müssen.

Geringverdiener Geldanlage

WhoFinance: Frau Heyne, in den Medien liest man, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter aufgeht. Vermögende stehen vor der Qual der Wahl, in welche Geldanlagen wie zum Beispiel Aktien oder Investmentfonds sie investieren sollen. Aber was raten Sie Menschen mit niedrigen Jahreseinkommen von 25.000 oder 30.000 Euro im Jahr und ohne Rücklagen? Wie können sie Vermögen aufbauen?

Claudia Heyne:

Zunächst sollte sich jeder seinen persönlichen Sparplan machen – egal, wie hoch sein Einkommen ist. Professionelle Berater unterscheiden hier zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Sparplänen:

  • Kurzfristige Sparpläne werfen in der Regel keine Rendite ab. Aber sie sind sicher und flexibel. In der Regel handelt es sich dabei schlichtweg um Bargeld auf einem Konto, das tagtäglich verfügbar ist. Besonders eignen sich dafür Tagesgeldkonten oder Geldmarktfonds. Sie werfen zumindest etwas Rendite ab.
  • Mittelfristige Sparpläne sind wichtig für größere Ziele, beispielsweise ein neues Auto, eine Reise oder die Ausbildung der Kinder. Ein klassischer mittlerer Anlagehorizont ist 5 Jahre oder länger. Hier kann man auch mit geringen Beträgen beispielsweise in täglich handelbare Investmentfonds Geld anlegen und so im Laufe der Zeit eine größere Summe ansparen. Das Geld arbeitet dann rentabler und man ist dennoch flexibel, jederzeit verkaufen zu können. Aber Vorsicht: Kurzfristig können Schwankungen auftreten. Eine höhere Sicherheit hat man deshalb, wenn man regelmäßig, also z.B: einmal im Monat in einen Sparplan investiert und durch Risikostreuung – also die Aufteilung des Geldes in verschiedene Fonds mit unterschiedlichen Konzepten.
  • Mit Hilfe von langfristigen Sparplänen kann man ebenfalls mit kleinen Mitteln Vermögen aufbauen, beispielsweise die Lücken in der Altersvorsorge minimieren. Dies kann gelingen, indem man auf folgende Punkte achtet: Mit Hilfe eines guten Beraters das passende Produkt auswählen. Dann diszipliniert den Sparplan durchhalten. Lieber mit kleinen Beträgen anfangen. Die Hauptsache ist: Man startet überhaupt – am besten so jung wie möglich. Die Sparraten können dann sukzessive an das Gehalt angepasst werden.

WhoFinance: In welche Anlageklassen sollte man bei langfristigen Sparplänen investieren?

Claudia Heyne: Aus meiner Sicht ist ein Sparplan in Sachwerte wie Investmentfonds zu empfehlen. Außerdem sollte man darauf achten, dass man mögliche staatliche Förderungen mitnehmen kann. Das führt zu einer erheblich höheren Rendite.

WhoFinance: Ein besonders wichtiges Thema gerade für Geringverdiener ist die private Altersvorsorge. Was ist Ihr Rat an Menschen, die dafür am Monatsende kaum Geld übrig haben und denen Altersarmut droht?

Claudia Heyne: Diese Menschen sollten, wie oben beschrieben, lieber mit kleinen Mitteln beginnen, als den Kopf in den Sand zu stecken. Durch die bei der Riester Rente garantierten, zusätzlichen staatlichen Zulagen, u.a. auch Kinderzulagen von immerhin 300 € pro Kind, kann man schon ab 60 € jährlich (das entspricht 5 € mtl.) starten. Außerdem können die Spar-Raten, wie erwähnt, dem eigenen Einkommen / den eigenen Möglichkeiten angepasst werden.
Ich persönlich würde mich nicht allein auf das gesetzliche System verlassen. Man weiss schließlich nicht, ob die gesetzlichen Rentenleistungen in einigen Jahren noch in ihrer jetzigen Form zur Verfügung stehen. Prognosen zeigen nämlich eher das Gegenteil, also sollte man selbst aktiv werden.

WhoFinance: Was halten Sie bei Geringverdienern vom Kauf einer Immobilie auch bei wenig oder gar keinem Eigenkapital? Das könnte sich doch angesichts der niedrigen Zinsen bei Baufinanzierungen lohnen – und im Alter spart man die Miete…?

Claudia Heyne: Wer nicht mindestens die Nebenkosten eines Immobilienkaufs als Eigenkapital hat, dem rate ich auf jeden Fall davon ab. Man sollte auch nicht vergessen, dass man bei einer Baufinanzierung weiteres Eigenkapital für ungeplante Ausgaben, die sich mit einem Immobilienkauf fast immer ergeben, in der Rückhand haben sollte. Mit niedrigem Einkommen ist man mit einer Miete fast immer flexibler.
Und: Man sollte in diesem Zusammenhang unbedingt bedenken, dass auch eine eigene Immobilie Nebenkosten wie z.B: Reparaturen mit sich bringt, die man stemmen können muss.

WhoFinance: Das heißt: Trotz niedriger Zinsen raten Sie Geringverdienern: Finger weg von einer Baufinanzierung?

Claudia Heyne: Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass es auch wieder andere Zinszeiten geben kann. Die Festzinsbindungen enden irgendwann. Und dann hat man als Geringverdiener Restschulden. Viele Verbraucher machen sich beim Kauf einer Immobilie darüber keine Gedanken oder haben keine zusätzlichen finanziellen Reserven, beispielsweise für Sondertilgungen.
Man sollte nicht nur für die Kreditrate und das Haus bzw. die Eigentumswohnung arbeiten gehen. Außerdem macht es sicher auch nicht glücklich, wenn man weder in den Urlaub fahren bzw. sich sonst auch nichts mehr leisten kann. Ich würde dieser Zielgruppe darum eher abraten, es ist jedoch immer eine Frage des konkreten Einzelfalls.

WhoFinance: Vor ganz besonders großen Herausforderungen stehen Selbständige mit niedrigen Einnahmen. Wie können sie Rücklagen bilden und fürs Alter vorsorgen?

Claudia Heyne: Jeder sollte nach einer gewissen Startzeit in der Selbstständigkeit abwägen, ob sich die Tätigkeit insoweit lohnt, dass man davon leben und für später privat vorsorgen kann.
Wer von seiner selbstständigen Arbeit „nur gerade so existieren“ kann, aber für später nichts zur Vorsorge für sein Rentenalter tun kann, wird später ein Problem haben. Ein guter Berater kann den Betroffenen in den meisten Fällen helfen.

WhoFinance: Wenn man als Geringverdiener viele Jahre Geld anspart und dann arbeitslos wird – läuft man dann nicht Gefahr, dass der Staat einen zwingt, erst einmal diese Rücklagen aufzubrauchen, bevor man Hartz IV bekommt?

Claudia Heyne: Auch hier ist immer der explizite Einzelfall zu sehen: Es gibt nämlich Freigrenzen für das private Vermögen, die sich mit steigendem Alter auch erhöhen.
Es gibt beispielsweise auch Produkte zur privaten Altersvorsorge, in die man bedenkenlos sparen kann, da sie keinen Einfluss auf Hartz IV haben. In jedem Fall ist es unerlässlich sich gut beraten zu lassen.

 

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